72 Pflanzen für mehr Bienen und Insekten in der Stadt
Text: Tine Sprandel
Auf dem Balkon sitzen und Schmetterlinge beobachten. Oder eine Wildbiene betrachten, die um die Blüten des Leins kreist. Ein insektenfreundlicher Balkon ist wie eine Entdeckungsreise.
Ihn zu gestalten bedeutet mehr als einfach nur andere Blumenarten auszuwählen. Du gehst nicht mehr nur in den nächstgelegenen Gartenmarkt und holst dir ein paar Pflanzen, die hübsch blühen.
Du stöberst vielmehr durch Märkte, du sprichst mit Freunden. Bei den einen darfst du Akelei ausgraben, weil sie sich in deren Garten lustvoll ausbreiten. Von anderen bekommst du Zwiebeln der Traubenhyazinthen, deren Vermehrungsrate ebenfalls groß ist und die du schon für das nächste Frühjahr in einem Kübel unter einen Beerenstrauch vergräbst, bei dritten bekommst du die Stecklinge vom Efeu …
Ein insektenfreundlicher Balkon ist kommunikativ – nicht nur für Insekten!
Doch die Auswahl ist groß. Welche Pflanzen haben ein großes Angebot an Nektar und Pollen, um möglichst vielen Insekten Nahrung zu bieten und die kostbaren Quadratmeter Freifläche zu einem insektenfreundlichen Balkon zu machen?
Zu diesen Themen springen:
Mit den Tipps für die Gestaltung insektenfreundlichen Balkons fällt dir die Auswahl leichter oder du springst direkt zu der Liste der 72 Pflanzenarten, nach ihrem Blütezeitpunkt sortiert.
Städter haben gute Chancen, wirklich zu helfen
Auf dem Land müsste doch eigentlich die Artenvielfalt deutlich größer sein als in der Stadt, oder? Das Gegenteil ist oft der Fall, hat eine Studie in der Schweiz schon 2016 festgestellt. Warum?
Weil immer noch zu viele Agrarflächen durch Monokultur und die Anwendung von Pestiziden und anorganischem Dünger Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und Co vertreiben. Das heißt: In Agrargebieten sind naturbelassene Flächen im Verhältnis zur Gesamtfläche noch rar. Es hat sich zu wenig geändert: Landschaften sind an vielen Stellen in Deutschland grün, aber nicht bunt.
In der Schweizer Studie fanden die Biolog*innen aber auch heraus, dass Städte nur dort eine höhere Artenvielfalt aufweisen, wo sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Grünanlagen müssen ausgewogen verteilt sein. Bäume, die innerhalb von 500 Metern von vielen Grünelementen umgeben waren, wiesen bei allen vier untersuchten Insektengruppen eine bedeutend höhere Artenzahl auf als die Bäume in grauen Stadtteilen.
Helfen wir also mit und gestalten unsere „Grünelemente“, also die Balkone, ab jetzt insektenfreundlich!
Geranien und Co haben ausgedient – es sei denn, du beherzigst diese Tipps:
13 Tipps für einen insektenfreundlichen Balkon
- Ungefüllte Sorten aussäen oder anpflanzen
Bei den gefüllt blühenden Sorten sind die Staubblätter in Blütenblätter umgezüchtet – diese sind für Insekten wertlos.
Beispiel Rosen: Die meisten Rosen bieten durch ihre gefüllten Blüten keine oder nur sehr wenig Nahrung für Nützlinge. Ungefüllte Sorten wie die Zwergrose ‘Bienenweide Rot®’ oder Wildrosen wie die Kriechrose (Rosa arvensis) (großer Kübel!) beeindrucken mit ihrem Blütenreichtum!
Beispiel Geranien: Statt Pelargonien wähle die wilden Geraniensorten wie den Storchschnabel (Geranium sanguineum). Sie sind winterhart, mehrjährig und Bienen lieben sie! - Mehrjährige Stauden verwenden, die in Balkonkästen und Kübeln sogar überwintern
Wildbienen und viele andere Insekten schätzen die Stängel und das winterliche Laub als Nist- oder Überwinterungsplatz.
Beispiel Efeu: Die zuerst langsam wachsende, später aber jährlich bis zwei Meter treibende Pflanze bildet zunächst ausschließlich Klettertriebe. Erst im Alter bilden sich oben überhängende, kletterwurzelfreie Blütentriebe mit rundlichen Blättern. Efeu lässt sich mit Stecklingen einfach vermehren und gedeiht am besten im Schatten. Das allerbeste: Praktisch alles, was sechs Beine hat, liebt diese Kletterpflanze über alles, da sie zu einer Zeit blüht, in der sonst kaum Nektarquellen zur Verfügung stehen. - Augenmerk auf den Hochsommer und Herbst
Im Jahresverlauf geht das Angebot in der freien Natur für Insekten rapid zurück. Alle Sechsbeiner sind für jede zusätzliche Blüte dankbar.
Beipiel Fetthenne: Die Blüte dieser robusten Staude ziert auch den Winterbalkon. - Verschenken statt wegwerfen
Möchtest du einzelne Stauden auswechseln, verschenke sie in der Nachbarschaft anstatt sie wegzuwerfen. Oder stelle sie vor dein Grundstück und lege einen Zettel dazu: zum Mitnehmen
Beispiel Akelei: Hat sie sich erst einmal niedergelassen, vermehrt sie sich sich rasant. Du kannst sie aber in Schach halten, indem du die verblühten Blüten abschneidest, ehe sie sich versamen. Jeder kann etwas abgeben! Ihr Blütenfülle ist im Spätfrühling besonders hübsch anzusehen. - Lücken füllen
Ergänze die Lücken unter den Mehrjährigen mit einjährigen Arten wie Ringelblumen, Tagetes oder Cosmeen.
Cosmea braucht mehr Höhe, Sonne lieben alle diese drei Arten. - Gruppen bilden
Verbinde unterschiedliche Arten zu Gruppen, anstatt nur eine Art in alle Kästen zu pflanzen.
Beispiele: Clematis mit Hornveilchen als Unterpflanzung; Rosen begleitet von Storchschnabel. - Natürliche Deko
Dekoriere mit Totholz (aus Obst- oder Laubgehölzen), alten Wurzeln oder leeren Schneckenhäusern – Insektenhotels brauchst du nicht. Sie machen nur Sinn, wenn auch genug Nahrung für viele Wildbienen im Umfeld vorhanden ist.
Mehr Stoff für dein naturnahes Leben
Abonniere den Lavendelo-Newsletter und du wirst die Natur in dein Leben holen. Durch einfache Anstupser, dein Leben naturnah zu gestalten. Ob DIY-, Wildkräuter- oder Gartenkicks.
Du wirst Teil unserer exklusiven E-Mail-Liste und bekommst gratis diese PDF dazu: “Von Tomaten und Menschen. Was haben Schneewittchen, ein roter Pfirsich und eine bulgarische Rose gemeinsam?” Von Karin Bechstein
Abmeldung jederzeit möglich.
- Mulchen
Vermeide offene schwarze Erde – mulchen ist in! Du kannst mit Laub, Stroh (besonders unter Erdbeeren), Schafwolle, Wurzeln oder Moos mulchen – alles ist möglich, nur kein Rindenmulch. Stauden und Wildkräuter vertragen keinen Rindenmulch. - Mut zur „Unordnung“
Ein Balkon mit Wildblumen sieht anders aus als ein Balkon, den wir gewohnt sind – aber das heißt nicht, dass er unordentlich ist. Alles, was unordentlich aussieht, bietet Unterschlupf für die Insekten und gehört einer neuen Ordnung an! Jede Pflanze ist wertvoll. - Horizontal und vertikal gärtnern
Das heißt, möglichst auch die Wände und Balkonbrüstung bepflanzen. Mehr Fläche bedeutet mehr Blüten und damit mehr Nahrung für Insekten. - Apropos Wildbienen
75% aller Wildbienenarten brüten im Boden. Sie brauchen daher wilde Ecken in der Nähe anstatt künstlicher Nisthilfen. Mit der dazugehörigen Bepflanzung bleibt so der Flugradius zwischen Nistplatz und Futterquelle klein und damit für die Tiere energiesparend (ca. 30 – 180 m). - Heimische und typische Pflanzen für die Region bevorzugen
Viele Wildbienenarten sind auf heimische und typische Pflanzen für die Region spezialisiert. Wähle also heimische Stauden und wenn du genügend Platz hast, heimische Gehölze. Sie sind wertvolle Nahrungsspender und bieten zahlreiche Nistmöglichkeiten bzw. Lebensraum. Sie sind pflegeleicht und zusätzlich wunderschöne Farbtupfer. Eine Ausnahme darf sein: Lavendel. Insekten lieben Lavendel. - Im Herbst an das Frühjahr denken
Gerade im Frühjahr, wenn wieder alles zum Leben erwacht, sind Nektar- und Pollenspender lebenswichtig für zahlreiche Insektenarten. Bereits im Herbst kann man dafür sorgen, dass es im Frühjahr blüht, indem man Zwiebeln und Knollen steckt. z.B. Winterlinge.
72 Pflanzenarten für einen insektenfreundlichen Balkon nach ihrem Blütezeitpunkt sortiert
Vorfrühling (Februar/März)
Schneeglöckchen*, Schlüsselblume, Winterlinge* (nach einer Saison bitte wieder in die freie Natur pflanzen)
Gehölze und Beerensträucher: Kornelkirsche, Stachelbeere
Erstfrühling (April)
Blaustern*, Traubenhyazinthe*, Schachbrettblume*, Küchenschelle
Gehölze und Beerensträucher: Kirsche, Aprikose und Mirabelle, Johannisbeere
Vollfrühling (Mai)
Akelei, Borretsch, (Acker-)Ringelblume, Platterbsen**, Klatschmohn, Waldrebe,
Gehölze und Beerensträucher: Apfel, Felsenbirne, Traubenkirsche, Pfirsich
Ab Frühsommer (Mai/Juni)
Kornblume, Thymian, Färberkamillie, Salbei, Knautia, Wicken**, Herzgespann, Alant, Gelbes Sonnenröschen, Karthäusernelke, Malve, Fächerblume, Braunelle, Katzenminze, Löwenmäulchen, Königskerze (auch Nistplatz für Wildbienen), Hornklee, Kamille, Wiesenkerbel, Glockenblume (je nach Art von Frühling bis in den Herbst)
Gehölze und Beerensträucher: ungefüllte Rosensorten/Wildrosen
Hochsommer (Juli/August)
Ziest (Waldziest, Wollziest), Scabiosenflockenblume, Lavendel, Ysop, Goldgarbe, Dost, Wegwarte, Steinquendel, Duftnessel, Wilde Karde, Zaunwicke **, Weidenröschen, Beinwell
Spätsommer und Herbst (Ab August bis Anfang November)
mehrjährige Sonnenblume, Bergaster, Eibisch, Disteln, Leinkraut, Fette Henne, Efeu**, Heide, wilder Wein (H), Dost, Stockrosen, ungefüllte Dahlien, Königskerze und Malven.
Bei den Sonnenblumen ist es wichtig, dass sie Pollen spenden und ungefüllt sind. Einigen Sorten wurde der Pollen leider weggezüchtet, damit die Schnittblumen die Tischdecke nicht verschmutzen.
Durch Flächenversiegelung und Flächenfraß gehen immer mehr Lebensräume für Insekten verloren. Wir müssen ihnen ihren natürlichen Lebensraum zurückgeben bzw. bewahren. Wir als Garten- und Balkonbesitzer sind gefragt. Wir haben es in der Hand bzw. im Kübel!
Viel Spaß mit deinem neuen insektenfreundlichen Balkon!
*Damit diese Blühpflanzen im Frühjahr ihr Nahrungsangebot machen können, werden die Zwiebeln schon im Herbst gepflanzt.
** Kletternde Pflanze
Danke für diese schöne informative Zusammenstellung! Viele der genannten Sorten wachsen in meinem Garten, ganz besonders der alte Efeu, der am abgestorbenen Apfelbaum hochranken darf, ist während der Blüte sehr begehrt bei den Insekten. Und die Spatzen und andere Vögel freuen sich jetzt im Frühling jetzt über eine gute Nistmöglichkeit und später im Jahr über die Fruchtstände