Wildpflanzen und ihr heute oft unerkanntes Potential sind ihre Leidenschaft.
Sie schreibt für das Lavendelo über Wildpflanzen und ihre Verwendung, sie entwickelt Rezepte und Anleitungen für Handarbeiten und kreative Projekte. Sie macht aus einfachen Dingen etwas Neues, aus Naturmaterialien perfekt Unperfektes. Wir stellen dir hier die Autorin und Kräuterpädagogin Gudrun Rieck vor:
Du schreibst öfter für das Lavendelo, was bedeutet für dich “Natürliches. Selber. Machen”?
Alle drei Begriffe haben für mich eine große Bedeutung, Auch wenn – oder gerade weil – man heutzutage fast alles jederzeit fix und fertig kaufen kann, ist es doch um ein Vielfaches befriedigender, wenn man etwas selbst hergestellt hat. Die Arbeit mit den eigenen Händen ist deshalb in unserer schnelllebigen und konsumorientierten Zeit ein wertvolles Gut.
Gekauftes aus industriell verarbeiteten Materialien mag zwar oft perfekt sein, aber diese Dinge können selten das gleiche Glücksgefühl vermitteln, wie es Selbstgemachtes vermag. Naturmaterialien sind nicht perfekt, aber genau das macht sie interessant und lebendig. Etwas mit den eigenen Händen zu schaffen spricht viele Sinne an, die miteinander in Verbindung gebracht werden müssen, es kann sogar meditativ sein. Für mich ist die schönste Art der Kreativität, aus einfachen Dingen etwas Ansprechendes zu er-schaffen, das nicht perfekt sein muss. Das kann die selbst gesponnene Wolle sein, die noch erkennen lässt, von welchem Tier sie stammt. Das kann ein asymmetrischer Korb sein, der aus Naturmaterialien geflochten wird, die im Garten oder auf der Wiese wachsen. Das kann aber auch eine selbst eingekochte Konfitüre, der selbst gestrickte Schal oder das selbst genähte Upcycling-Kissen aus Kaffee-Säcken sein. Selber machen macht aber nicht nur glücklicher, sondern auch unabhängiger.
Wann hast du die Natur für dich entdeckt? Gibt es einen entscheidenden Moment?
Ein grundlegendes Interesse an der Natur, vor allem an Pflanzen, hat sich schon in meiner Jugend entwickelt. Aber an zwei entscheidende Momente für die Bedeutung der Wildpflanzen kann ich mich noch gut erinnern. Der erste war vor fast 20 Jahren, bei der ersten Wildpflanzenführung, die ich im Sommerurlaub im Wendland mitgemacht habe: Auf einmal waren die Nutzpflanzen nicht mehr die Kulturpflanzen, sondern die Unkräuter zwischen den Kulturpflanzen. Die zweite war ein wenig später bei einer Wildpflanzenführung im Februar. Ich bin zu der Führung gefahren und habe mich gefragt „Was will man denn jetzt um diese Zeit finden? Es wächst doch gar nichts!“ Ich wurde eines besseren belehrt, denn es fanden sich 17 verschiedene essbare Wildpflanzen. Das waren die Erlebnisse, die mir die Augen für die Vielfalt und den Wert unserer heimischen Flora geöffnet haben. Seitdem gehe ich mit einem anderen Blick und zunehmender Achtsamkeit durch die Natur. Und ich habe beschlossen, mein Wissen zu vertiefen, unter anderem die Ausbildung zur Kräuterpädagogin zu machen und selbst zum „Augenöffner“ und „Geschmacksbotschafter“ für andere zu werden.
Wie oder woher bekommst du deine Ideen für die Anleitungen oder Artikel?
Viele Ideen kommen durch persönliche Gespräche mit anderen Menschen, die ebenfalls naturverbunden sind und sich von der Biodiversität begeistern lassen und natürlich aus wunderbaren Büchern. Aber auch das Internet ist eine schier unerschöpfliche Quelle für Inspirationen. Ich schaue dabei gerne über den Tellerrand, indem ich mich viel im englischen Sprachraum bewege, denn das eröffnet spannende Einblicke in andere Kulturen. Dennoch geht es mir bei meinen Artikeln immer vor allem um die Wurzeln unserer Kultur und um unsere unmittelbare Umgebung. Oft versetze ich mich auch in die Perspektive unserer Vorfahren. Was hatten sie zur Verfügung? Wie konnte man aus den gegebenen Mitteln etwas Nützliches oder Leckeres machen? Auch dieser Ansatz fördert Kreativität und Achtsamkeit und lässt altes Wissen wieder aufleben.
Bist du jemand, der einfach loslegt und dann schaut, ob daraus etwas werden könnte, oder planst du genau, fertigst Skizzen oder ähnliches?
Mal so, mal so. Das kommt auf die Situation und das Projekt an.
Wie sieht dein Lieblingsarbeitsplatz aus? Am See, in der Gruppe, im Sonnenatelier, in der Schreibstube oder …?
Ich habe keinen bestimmten Lieblingsarbeitsplatz. Ich arbeite am liebsten da, wo es mich spontan hinzieht. Für die Denkarbeit kann das alleine am Tisch sein, umgeben von kreativen Projekten, das kann auf der Couch sein oder auch draußen an einem schattigen Plätzchen im Garten – je nach Wetter, Uhrzeit und räumlichen Möglichkeit. Kreative Tätigkeiten wie kochen, spinnen oder töpfern mache ich gerne zu zweit oder in einer Gruppe, der Ort spielt dabei keine wichtige Rolle.
Was bringt dich ganz persönlich in Bewegung und was ist deine Berufung?
Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, die Vielfalt der Natur aufzuzeigen und altes Wissen, das in die Vergessenheit zu sinken droht, zu bewahren. Ich bin davon überzeugt, dass das Wissen unserer Vorfahren über die Wildpflanzen, ihre Nutzung als Lebens- und Heilmittel und auch für die Herstellung von Alltagsgegenständen heute so wichtig und wertvoll ist wie früher. Denn nur das Wissen um die Bedeutung dieser natürlichen Ressourcen bringt die Menschen dazu, die Natur zu schätzen und in der Konsequenz auch zu schützen.
Mit meinem Blog „Maison Rieck Manufaktur“ möchte ich andere Menschen ermutigen und inspirieren, mit den eigenen Händen Leckeres und Kreatives herzustellen, indem ich Rezepte mit Wildpflanzen, aber auch Anleitungen für Handarbeiten und Upcycling-Projekte zur Verfügung stelle.
Gibt es etwas für dich, das noch ins Lavendelo passen würde?
Das Lavendelo bietet schon ein sehr breites Repertoire interessanter und zum Teil auch außergewöhnlicher Artikel, die sich immer um ein zentrales, aber vielschichtiges Thema herum ranken. Es gibt nichts, was fehlt. Aber die Möglichkeiten sind unbegrenzt, deshalb wird es sicher auch weiterhin immer neue spannende Beiträge geben.
Wer oder was motiviert dich? Also wie sieht dein persönliches Lavendelo aus?
Die Vielfalt der Natur ist das, was mich besonders antreibt! Wer mit Aufmerksamkeit und Achtsamkeit hinausgeht, kann jeden Tag Neues entdecken, das Leben bietet eine unendliche Vielfalt. Für mich ist deshalb die Vielfalt – im Gegensatz zur Eintönigkeit – das, was uns lebendig macht.
Könnte das Lavendelo für dich ein Raum des Austausches werden?
Das ist es für mich bereits, denn es vereint so viele kreative Menschen, die über das Lavendelo ihre inspirierenden Ideen an eine größer werdende Gemeinschaft interessierter, naturverbundener Leser*innen weitergeben. Vielen Dank an euch für diesen Raum des Austausches und das große Engagement, das damit verbunden ist!
Vielen Dank, liebe Gudrun!
Mehr zu und von Gudrun Rieck findest du auf ihrem Blog www.maison-rieck.de